Viele Deutsche arbeiten in der Schweiz und erwerben dort gesetzlich geregelte Altersversorgungsansprüche über schweizerische Pensionskassen. Bei Wohnsitzaufgabe in der Schweiz und Rückkehr nach Deutschland in die unbeschränkte Steuerpflicht unterliegen Auszahlungen einer schweizerischen Pensionskasse grundsätzlich der deutschen Besteuerung. Hierbei ist eine differenzierte Betrachtung notwendig. Gestaltungsoptionen können zu erheblichen Steuerersparnissen führen. Wer unvorsichtig ist, riskiert eine hohe Steuerlast.
Schweizer Pensionskasse vergleichbar mit deutscher Rentenversicherung
Die gesetzlich geregelte Altersversorgung in der Schweiz wird von unterschiedlichen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Vorsorgeeinrichtungen durchgeführt. Dazu zählen die schweizerischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Pensionskassen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind deren Leistungen steuerlich vergleichbar mit denen der deutschen staatlichen Rentenversicherung, vgl. z. B. BFH, Urteil vom 1. Oktober 2015 – X R 43/11.
Unterscheidung zwischen Obligatorium und Überobligatorium
Bei der Vergleichbarkeit mit dem deutschen Altersvorsorgesystem unterscheiden Finanzverwaltung und Gerichte jedoch zwischen dem sogenannten Obligatorium und dem Überobligatorium. Beim Obligatorium besteht ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, nach dem die Pensionskasse verpflichtet ist, die Vorsorgerisiken Alter, Invalidität und Tod zu versichern. Damit ist die obligatorische Altersvorsorge in der Schweiz nach deutschem Rechtsverständnis der Basisversorgung zuzurechnen. (vgl. BFH, Urteil vom 26. November 2014 – VIII R 38/10)
Das Überobligatorium, also die Absicherung über das Obligatorium hinaus, basiert hingegen auf eigenständiger privatrechtlicher Grundlage und ist durch Freiwilligkeit gekennzeichnet. Mithin ist die Vergleichbarkeit der überobligatorischen Altersvorsorge mit der Pflichtmitgliedschaft in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht gegeben. (vgl. BFH, Urteil vom 12. Oktober 2023 – VI R 46/20)
Einkommensteuer bei Obligatorium wie auf deutsche Rente, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG
Zahlungen aus dem Vorsorgekapital, das aus obligatorischen Beiträgen (Pflichtbeiträgen) stammt, sind laut mittlerweile ständiger Rechtsprechung der Finanzgerichte und auch nach Auffassung der deutschen Finanzämter wie Leibrenten und andere Leistungen gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Einkommensteuergesetz (EStG) als sonstige Einkünfte steuerbar. Wegen der vor einigen Jahren stattgefundenen Umstellung auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung von Alterseinkünften wächst der Besteuerungsanteil künftiger Rentenzahlungen schrittweise auf 100 % an. Dafür sind die Beitragszahlungen in die Basisversorgung der gesetzlichen Rentenversicherung in der Einzahlungsphase zu 100 % steuermindernd absetzbar.
Die Einkommensteuer auf den steuerpflichtigen Teil der Zahlungen aus dem Obligatorium wird nach dem individuellen Steuersatz gemäß dem deutschen Einkommensteuertarif bemessen, kann derzeit also bis zu 45 % Höchststeuersatz auf den Besteuerungsanteil der Alterseinkünfte betragen.
Steuerfreie Ausnahmen für das Obligatorium, § 3 Nr. 3 EStG
Vom Grundsatz der Rentenbesteuerung definiert § 3 Nr. 3 EStG steuerfreie Ausnahmen, unter anderem für bestimmte Rentenabfindungen, Beitragserstattungen und Kapitalabfindungen. Inwieweit diese Steuerbefreiungstatbestände auf Zahlungen im Zusammenhang mit der schweizerischen obligatorischen Altersvorsorge zutreffen, ist umstritten. § 3 Nr. 3 EStG wurde für die Veranlagungszeiträume ab 2006 grundlegend geändert. Zur alten Gesetzesfassung hatten die deutschen Finanzgerichte Einzelfälle entschieden. So z. B. befand der BFH mit Urteil vom 26. November 2014 – VIII R 38/10, dass Kapitalabfindungen einer schweizerischen privaten Pensionskasse für eine Altersrente, die auf dem Obligatorium beruhen, steuerfrei sind. Das ist laut BFH bislang jedoch nur dann der Fall, wenn der Rentenanspruch nach Erreichen der Altersgrenze bereits besteht.
Zu den Steuerbefreiungen und zur Steuerbarkeit im Zusammenhang mit Leistungen ausländischer Vorsorgeeinrichtungen entwickelt sich die finanzgerichtliche Rechtsprechung dynamisch. Es wird in naher Zukunft dazu weitere zahlreiche Gerichtsentscheidungen und kontroverse Diskussionen in der Fachliteratur geben.
Überobligatorium gehört zu Einkünften aus Kapitalvermögen, § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG
Mittlerweile einhellig ist die Rechtsprechung zu den Leistungen, die aus den überobligatorischen Beitragszahlungen resultieren. Mangels Vergleichbarkeit mit der deutschen gesetzlichen Basisversorgung stellen diese Leistungen Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG dar. Besteuert werden lediglich die Erträge, also die positive Differenz zwischen dem Wert der erhaltenen Leistung und der Summe der entrichteten überobligatorischen Beiträge.
Auf diese Erträge ist gemäß § 32d EStG Einkommensteuer in Gestalt der Kapitalertragsteuer von lediglich pauschal 25 %, auch Abgeltungssteuer genannt, zu zahlen, zuzüglich Solidaritätszuschlag (solange es ihn noch gibt) und gegebenenfalls Kirchensteuer, in Summe höchstens rund 28 %.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Rechtslage zur steuerlichen Einordnung von Leistungen aus Altersversorgungssystem der Schweiz ist mittlerweile erfreulich gefestigt. Durchgesetzt haben sich in Rechtsprechung und Finanzverwaltung die Zurechnung des Obligatoriums zur gesetzlichen Basisversorgung und die Einordnung des Überobligatoriums als privatrechtliche Vorsorgeleistung. Diese Aufteilung führt jedoch zu einer sehr unterschiedlichen Besteuerung, indem durch obligatorische Beiträge erdiente Rentenleistungen bis zu 100 % mit dem individuellen tariflichen Steuersatz von bis zu 45 %, hingegen überobligatorische Leistungen nur mit ihren Erträgen und einem Pauschalsteuersatz von 25-28 % besteuert werden. Bestimmte Leistungen aus dem Obligatorium können steuerfrei sein; die Rechtslage hierzu ist derzeit unsicher.
Von diesem Problemkreis betroffen sind insbesondere Deutsche, die nach jahrelangem Wohnsitz und Arbeit in der Schweiz wieder nach Deutschland zurückkommen wollen und dadurch hier unbeschränkt steuerpflichtig werden. Die über schweizerische Pensionskassen erdienten Altersversorgungsansprüche sollten vor der Rückkehr nach Deutschland unbedingt von schweizerischen und deutschen Steuerspezialisten (Rechtsanwälte, Steuerberater) rechtlich und steuerlich geprüft werden. So können mögliche Steuerlasten festgestellt und verglichen sowie Gestaltungsspielräume hinsichtlich Art, Umfang und Zeitpunkt der Versorgungsleistungen steuerlich optimiert ausgeschöpft werden.
Weitere Informationen zum Thema erhalten Sie in meinem Fachbeitrag „Schweizerische Pensionskassen – Aktuelles zur steuerlichen Behandlung in Deutschland“ im steueranwaltsmagazin.
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